Etymologisch geht der Terminus Permakultur auf die englischen Begriffe „permanent“ im Sinne von nachhaltig und „agriculture“ für Landwirtschaft zurück, die in dem Kofferwort Permakultur zusammengesetzt werden. Das auf nachhaltigen Konsum ausgerichtete Konzept der Permakultur geht auf die Aborigines zurück und wurde in den 1970er und 80er Jahren bekannt durch Bill Mollison und seinen Schüler David Holmgren, die für die Verbreitung des Konzepts 1981 den Alternativen Nobelpreis verliehen bekommen haben. Als Kritik an der Konsumgesellschaft, die natürliche Ressourcen ausraube und den Energieverbrauch exponentiell steigen lasse, standen zunächst Gärten zur Selbstversorgung im Zentrum, in denen der Konsum zugunsten des respektvollen Umgangs mit der Natur eingeschränkt wird und Überschüsse entsprechend umverteilt werden (Morel et al., 2019). Permakultur versteht die Natur als ein komplexes System, das aus miteinander vernetzten Ökosystemen besteht. Zentrales Anliegen ist „die bewusste Gestaltung von Landschaften unter Nachahmung natürlicher Muster und Beziehungen, wodurch diese Nahrung, Pflanzenfasern und Energie in Hülle und Fülle zur Deckung lokaler Bedürfnisse hervorbringen“ (Holmgren, 2021, S. 23). Menschen nehmen dabei die Rolle von „Ökosystemmanagern“ ein, deren Aufgabe es ist, den Garten ganzheitliche zu gestalten (Morel et al., 2019).
Das Ziel ist eine permanente, extensive, langfristig ertragreiche Landwirtschaft, die natürliche Ressourcen optimal, möglichst effizient und nachhaltig nutzt. Als Gegenentwurf zur intensiven, konventionellen und auf größtmöglichen Ertrag ausgerichteten Landwirtschaft versucht Permakultur die „Dinge [dabei] alle in ihrer natürlichen Weise funktionieren zu lassen“ (Mollison, 2021, S. 37). Auf Monokulturen und den Einsatz von Pestiziden und chemisch-synthetischen Düngemitteln wird verzichtet. Denn je größer die Vielfalt innerhalb eines Systems ist, desto stabiler ist es. Biodiversität schafft Stabilität und Resilienz.
In Mitteleuropa findet das Konzept Permakultur insbesondere in privaten Haushalten, Gärten und Kleingärten, urbanen wie auch ländlichen Gemein- und Nachbarschaftsgärten, auf Dächern, Balkonen und kleinen bis mittelgroßen landwirtschaftlichen Betrieben Anwendung. Große landwirtschaftliche Betriebe, die darauf ausgerichtet sind, große Mengen zu kleinen Preisen zu produzieren, lehnen Permakultur meist aus betriebswirtschaftlichen Gründen ab. Eine Ausnahme ist die „Ferme du Bec Hellouin“ in der Normandie, die 2004 gegründet wurde und ca. 1.000 m² – begleitet von zahlreichen wissenschaftlichen Studien – nach dem Prinzip der Permakultur bewirtschaftet (Tombeur et al., 2018).
In Permakultur sind Bäume und Sträucher, Obst und Gemüse, Früh- und Spätblüher, Schnecken, Würmer und Insekten auf wenig Platz vereint und wachsen und gedeihen in verschiedenen Höhen und zu unterschiedlichen Tages- und Jahreszeiten. Rankende Pflanzen, wie z.B. Erbsen, Bohnen oder Kürbisse werden nach oben geführt und bieten somit Platz für eine Unterpflanzung durch Erdbeeren. Unkraut oder Schädlinge gibt es nicht. Schnecken und Würmer unterstützen die Humusbildung. Gejätetes und Grasschnitt werden gehäckselt und zum Mulchen von Beeten und Baumbepflanzungen verwendet. Alle Tiere und Pflanzen sind Teil der Permakultur. Wenngleich Mollison und Holmgren das Konzept Permakultur als nachhaltigen Gegentwurf zur intensiven industriellen Landwirtschaft entworfen haben, ist Permakultur „viel mehr als eine Form biologischen Gärtnerns“ (Holmgren, 2021, S. 15) und weit mehr als nur ein landwirtschaftlicher Ansatz. „Die Permakultur fasst die verschiedenen, wiederzuentdeckenden und weiterzuentwickelnden Ideen, Fertigkeiten und Lebensweisen zusammen, die uns dazu ermächtigen, uns von abhängigen Konsumenten zu verantwortungsvollen, produktiv gestaltenden Bürger[*inne]n zu entwickeln“ (Holmgren, 2021, S. 23). Permakultur ist ein kreativer Gestaltungsansatz, der sich am Vorbild natürlicher Ökosysteme orientiert, auf Krisen wie die schwindende Energie- und Ressourcenverfügbarkeit reagiert und sich auf alle Bereiche des Lebens anwenden lässt.
Grundlegend dafür sind die zwölf Gestaltungsprinzipien:
Permakultur ist eine nachhaltige, ganzheitliche und systemische Philosophie, eine Haltung, die auf dem Beobachten und Verstehen natürlicher Prozesse, Systeme und Wechselwirkungen und einem respektvollen Umgang mit der Natur basiert. Grundlegend dafür sind die ethischen Prinzipien earth care, people care und faire share. Earth care meint, sorgsam mit der Erde, d.h. nachhaltig mit natürlichen Ressourcen umzugehen. People care meint, achtsam mit sich und anderen umzugehen. Faire share meint, verantwortungsbewusst mit Ressourcen umzugehen Überschüsse fair zu teilen.
Nicht selten wird die Permakultur als unwissenschaftlicher, esoterischer Quatsch, als alternative Hippie-Bewegung oder Träumerei belächelt, mit der sich weder Geld verdienen noch die Bevölkerung ernähren lässt.
Was hat es damit auf sich?
In der Permakultur wachsen Blumen, Gemüse, Kräuter, Bäume und Sträucher nebeneinander. Was auf den ersten Blick wild und chaotisch wirkt, ist bis ins Detail durchdacht. Neben Erdbeeren wächst Knoblauch, weil dieser die Beeren vor Schimmel schützt. Dazwischen wachsen Gurken, Salat und Wildkräuter. Neben Kohl wachsen Studentenblumen, weil der Blumenduft den Kohlweißling vom Kohlduft ablenkt. Kein Hokus Pokus sondern beobachten und verstehen. Pflanzenschutz à la Permakultur. Mit Esoterik und den 68ern hat das nichts zu tun. Die Idee dahinter: Ein System, dessen Elemente in einer funktionalen Beziehung zueinander stehen.
Mit der Art und Weise, wie Landwirtschaft landläufig betrieben wird, „lässt sich unglaublich viel kurzfristiges Geld verdienen. Da geht es um Milliarden“ (Kowalewski, 2019) erklärt der Händler und Obstbauer Friedrich Lehmann in einem Gespräch gegenüber dem Deutschlandfunk. Kritiker*innen meinen, mit Perakultur könne man kein Geld verdienen. Dies scheint jedoch nur auf den ersten Blick so, denn Permakultur schließt die Bewirtschaftung von größeren Flächen und die dafür notwendige Verwendung von Landmaschinen nicht grundsäzlich aus. Vielmehr gilt es zu hinterfragen, ob diese in der bestehenden Intensität eingesetzt werden müssen. Nichtsdestotrotz können auf größeren Permakulturfarmen auch Maschinen zur Ernte zum Einsatz kommen, solange sie dabei die vielfältig bewirtschafteten Felder nicht zerstören. Mit dieser veränderten Perspektive auf Landwirtschaft und Permakultur können beide gemeinsam funktionieren.
„Permakultur, richtig gemacht, ist […] preiswert und […] nachhaltig“ (Kowalewski, 2019). Die Krux: „Despite a relatively high public profile and broad international distribution, until recently permaculture has received little scholarly attention“ (Morel et al, 2018, S. 344). Es gibt kaum wissenschaftliche Studien dazu, die das beweisen. An mangeldem Intresse kann dies nicht liegen, denn gesellschaftlich erlebt die Permakultur seit einigen Jahren einen Aufschwung. Führungen, Vorträge, Praxisworkshops und die Ausbildung zu Permakulturgestalter- und -designer*innen an der freien Permakultur-Akademie boomen. Doch was die wissenschaftliche Betrachtung angeht, ist die Permakultur dem Agrarökologen Thomas Döring zufolge „an einem Punkt, wo wir beim Ökolandbau vor 40 Jahren waren“ (Kowalewski, 2019).
Autor*innen (in alphabetischer Reihenfolge): Aktives Gartenteam, Autonomes Inklusionsreferat, Iris Schneider, Magdalena Liebe, Melanie Lauffenburger
Stand: Februar 2023
Basisliteratur
Holmgren, D. (2021). Permakultur. Gestaltungsprinzipien für zukunftsfähige Lebensweisen. (3. Auflage). Drachen Verlag.
Mollison, B. (2021). Permakultur konkret. Entwürfe für eine ökologische Zukunft (5. überarbeitete Auflage). Pala-Verlag.
Wissenschafltiche Literatur
Ferguson, R. S. ; Lovell, S. T. (2013). Permaculture for agroecology: design, movement, practice, and worldview. A review. Agronomy for Sustainable Development, 34, 251–274. https://doi.org/10.1007/s13593-013-0181-6
Hirschfeld, S.; van Acker, R. (2019). Permaculture farmers consistently cultivate perennials, crop diversity, landscape heterogeneity and nature conservation. Renewable Agriculture and Food Systems, 35, 342-351. https://doi.org/10.1017/S1742170519000012
Krebs, J.; Bach, S. (2018). Review: Permaculture—Scientific Evidence of Principles for the Agroecological Design of Farming Systems. Sustainability, 10, 1-34. https://doi.org/10.3390/su10093218
Léger, F. (2018). Permaculture. Refernce Module in Earth Systems and Environmental Sciences
De Liedekerke de Pailhe, A. (2014). Designing intercropping in vegetables, scope for improvements. A case study implemented at Bec Hellouin Farm, Normandy, France [Master Thesis]. ISARA-Lyon & Wageningen University. https://www.fermedubec.com/wp-content/uploads/sites/8/2017/11/ENGLISH-Rapport-de-stage-Alexis-de-Liedekerke-Associations-de-cultures-septembre-2014.pdf
Morel, K.; Guégan, C.; Léger, F. (2016) Can organic market garden without motorization be viable through holistic thinking? The case of a permaculture farm. ISHS Acta Horticulturae 1137: International Symposium on Innovation in Integrated and Organic Horticulture (Innohort), Frankreich, 1137 (1), 343-46. https://doi.org/10.17660/ActaHortic.2016.1137.47
Morel, K.; Léger, F.; Ferguson, R. S. (2019) Permaculture . Encyclopedia of Ecology, (Reference Module in Earth Systems and Environmental Sciences), Amsterdam : Elsevier, 559-567. https://doi.org/10.1016/B978-0-12-409548-9.10598-6
Spangler, K.; Brain McCann, R.; Ferguson, R. S. (2021). (Re-)Defining Permaculture: Perspectives of Permaculture Teachers and Practitioners across the United States. Sustainability, 13, 1-12. https://doi.org/10.3390/su13105413
de Tombeur, F.; Sohy, V.; Chenu, C.; Colinet, G.; Cornelis, J.-T. (2018). Effects of Permaculture Practices on Soil Physicochemical Properties and Organic Matter Distribution in Aggregates: A Case Study ot the Bec-Hellouin Farm (France). Frontiers in Environmental Science, 6. https://doi.org/10.3389/fenvs.2018.00116
Kritische Stimmen
Kowalewski, S. (2019, 30. April). Naturnahe Landwirtschaft. Wie zukunftsfähig ist das Konzept der Permakultur? Deutschlandfunk Kultur. https://www.deutschlandfunkkultur.de/naturnahe-landwirtschaft-wie-zukunftsfaehig-ist-das-konzept-100.html
Franz, R. (2021). Permakultur Kritik – eine kritische Betrachtung der Permakultur. (03.02.2023). https://permakulturblog.de/permakultur-kritik/#comments
Hungry Minds
Permakultur Institut e.V. (06.12.2022) Home. https://www.permakultur.de/home
Permaculture Research Institut (06.12.2022). What is Permaculture? https://www.permaculturenews.org/what-is-permaculture/
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